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https://doi.org/10.48548/pubdata-1392
Ressourcentyp | Dissertation |
Titel | Die Anwendbarkeit des Konzepts Benign by Design auf pharmazeutische Wirkstoffe im Allgemeinen und Sulfonamid-Antibiotika im Speziellen |
DOI | 10.48548/pubdata-1392 |
Handle | 20.500.14123/1457 |
Autor*in | Puhlmann, Neele 0000-0002-9397-2540 (Institut für Nachhaltige Chemie (INSC), Leuphana Universität Lüneburg 02w2y2t16) |
Gutachter*in | Kümmerer, Klaus 0000-0003-2027-6488 Floeter, Carolin 0000-0002-5144-1709 133484262 Peifer, Christian 0000-0003-1532-7826 |
Betreuer*in | Kümmerer, Klaus 0000-0003-2027-6488 |
Abstract | Das Vorkommen von Pharmazeutika in der Umwelt und damit einhergehende Risiken für die planetare Gesundheit sind ein langbekanntes und zunehmend untersuchtes Umweltproblem. Beispielsweise tragen Antibiotika in der Umwelt zur Entwicklung antimikrobieller Resistenzen bei. In den letzten Jahren ist diese Problematik stärker in den gesellschaftspolitischen Fokus gerückt. Die Förderung des Konzepts Benign by Design (BbD) ist ein bedeutender Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategien unter dem Europäischen Green Deal. BbD steht für eine wirksame Prävention von Pharmazeutika in der Umwelt, indem bereits während der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung (FuE) ihr Umwelteintrag berücksichtigt wird. Ziel ist es, Pharmazeutika zu entwickeln, die schnell und vollständig in der Umwelt mineralisieren. Allerdings ist die Machbarkeit von BbD noch nicht ausreichend untersucht und verstanden. Dies führte zu dem primären Ziel der vorliegenden Arbeit: Ein Beitrag zur Anwendung von BbD im pharmazeutischen FuE-Prozess. Dafür wurde a) ein Konzept zur Implementierung von BbD in den FuE-Prozess mithilfe einer Literaturarbeit und einer Interviewstudie entwickelt und b) im Rahmen einer Fallstudie ein besseres Verständnis gewonnen, wie BbD auf Sulfonamid-Antibiotika (SUA) angewendet werden kann. SUA wurden ausgewählt, da Umweltauswirkungen bekannt sind, somit Bedarf an BbD besteht, und die Vielzahl an SUA-Vertretern Spielraum beim Re-Design bietet. Im ersten Teil dieser Arbeit wurden das BbD-Konzept und der herkömmliche FuE-Prozess im Detail beleuchtet und gegenübergestellt. Hier lag der Fokus insbesondere auf i) Beispielen von in der Umwelt abbaubaren Wirkstoffen, ii) der Gegenüberstellung von pharmazeutisch relevanten Eigenschaften mit der biologischen Abbaubarkeit in der Umwelt, iii) den Merkmalen des FuE-Prozesses und iv) verfügbaren in vitro und in silico Teststrategien inklusive Designregeln. Darauf basierend wurde ein Konzept zur Anwendung von BbD im FuE-Prozess entwickelt. Es wurden finanzielle, regulatorische und soziale Anreize zur Unterstützung industrieller Forschung im Bereich von BbD, beispielsweise zur Entwicklung geeigneter Methoden, identifiziert (Publikation 1, P1). Aufbauend auf dem in P1 entwickelten Konzept wurde eine Interviewstudie mit Expert:innen aus der Wirkstoffentwicklung durchgeführt, um weitere Einblicke in den FuE-Prozess und die Berücksichtigung von Umweltaspekten zu erhalten. Die Interviews haben gezeigt, dass die Strukturen und Abläufe des FuE-Prozesses sehr flexibel und anpassungsfähig sind. Insbesondere die Multiparameter Optimierung ist sehr iterativ und dynamisch. Es bestehen somit keine prozessualen Hindernisse für die frühzeitige Berücksichtigung neuartiger Parameter, inklusive solcher zum Vorkommen und Verhalten in der Umwelt. Herausforderungen bestehen allerdings vor allem im Zusammenhang mit dem derzeitigen Wissensstand zu Umweltparametern und der Verfügbarkeit von geeigneten in silico und in vitro Hochdurchsatz-Methoden z. B. zum Testen der Bioabbaubarkeit in der Umwelt. Daher bedarf es einer konstruktiven Zusammenarbeit insbesondere zwischen FuE- und Umweltexpert:innen (P2). In der Fallstudie zur Anwendbarkeit von BbD auf SUA wurde zunächst der aktuelle Wissensstand über Transformationsprodukte (TP) zu SUA in einer Übersichtsarbeit erörtert. Daten zur Abbaubarkeit und Bioaktivität von TP standen im Fokus, da diese Daten zu SUA ähnlichen Strukturen dem Re-Design von SUA nutzen sollten. Allerdings lagen nur für einen geringen Teil der in der Literatur beschriebenen SUA-TP Daten zum Vorkommen, zu physikochemischen Eigenschaften, zum Abbau und zur (Öko)Toxizität vor (4 %, 4 %, 31 % bzw. 35 % der 607 SUA-TP). Zudem stammten die Daten häufig aus Mischungstests mit verringerter Aussagekraft für die Einzelsubstanzen. Dennoch fanden sich erste Anhaltspunkte für BbD, beispielsweise zur antibakteriellen Aktivität von para-modifizierten SUA-TP. Darüber hinaus verdeutlicht die Vielzahl an vorgeschlagenen TP-Strukturen die Bedeutung von BbD. Schnelle und vollständige Mineralisierung in die Umwelt – das Ziel von BbD – vermeidet die Bildung persistenter TP, welche andernfalls zu komplexen Stoffgemischen in der Umwelt beitrügen (P3). Aufbauend auf der Übersichtsarbeit (P3) wurden experimentelle Studien durchgeführt. TP von sechs unterschiedlichen SUA wurden mittels Photolyse generiert (nicht zielgerichteter Designansatz) und als Mischungen mithilfe des Leuchtbakterientests (LBT) und manometrischen Respirationstests (MRT, OECD 301F) hinsichtlich ihrer antibakteriellen Wirksamkeit und leichten Bioabbaubarkeit untersucht. Einige Mischungen verursachten im LBT eine bakterielle Leuchthemmung, welche auf das Vorhandensein bioaktiver SUA-TP, z. B. auf Isomere der Ausgangssubstanzen, zurückzuführen war. Im MRT wurden keine SUA-Derivate, welche in der Umwelt mineralisieren könnten, identifiziert. Die einzeln getesteten hydroxylierten Sulfanilamidderivate zeigten ebenfalls keine verbesserte Bioabbaubarkeit. Daher führten diese in vitro Studien zu keinem SUA-Derivat, welches für BbD von Interesse sein könnte. Dennoch wurde das Verständnis über SUA-TP und den nicht zielgerichteten BbD-Ansatz bedeutsam verbessert. Bioaktive TP-Mischungen (LBT) und Eliminierungsraten einzelner SUA-TP (MRT) konnten bestimmt und damit Datenlücken gefüllt werden. Stärken, Schwächen und potentielle Weiterentwicklungen des nicht zielgerichteten BbD-Ansatzes wurden aufgezeigt (P4). Die konzeptionellen Studien (P1, P2) und die SUA-Fallstudie (P3, P4) trugen entscheidend zur Anwendung von BbD bei. Erstere demonstrierten die prozessuale Machbarkeit von BbD in pharma-zeutischen Unternehmen und identifizierte wichtige Schritte auf dem Weg zu dessen Umsetzung. Dazu zählen das Verständnis von BbD als neuartiger Ansatz und die Erhebungen von umweltbezogenen Bioabbaudaten als Voraussetzung für den nächsten Schritt – die Entwicklung geeigneter Screening-Methoden. Die SUA-Fallstudie lieferte einen signifikanten Beitrag zum Verständnis von einem BbD-Ansatz und zur Entwicklung von in der Umwelt abbaubaren SUA. Aufgrund identifizierter Herausforderungen, wie z. B. die Interpretation von Ergebnissen aus Mischungstests, könnte künftige Forschung bei der Untersuchung von Alternativen zum nicht zielgerichteten Design ansetzen. Bei zukünftigen Arbeiten zu BbD wird eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Umweltwissenschaftler:innen und Expert:innen der Pharmazie oder Wirkstoffentwicklung von großem Vorteil sein. The presence of pharmaceuticals in the environment, with their associated risks to planetary health, is an increasingly recognised and studied environmental problem. For example, antibiotics in the environment contribute to the development of antimicrobial resistance. In recent years, this problem has become more of a socio-political focus. Promoting the concept Benign by Design (BbD) is an important part of the European Green Deal’s sustainability strategies. Following BbD means to effectively prevent the problem of pharmaceuticals in the environment by considering the end-of-life stage of the compound already during the research and development (R&D) process. The goal is to design pharmaceuticals that mineralize rapidly and completely in the environment. The primary objective of this thesis was to research the feasibility of applying BbD to pharmaceuticals, a topic which has not been sufficiently investigated and understood. To this end, we developed a concept for the implementation of BbD in the R&D process through a literature review and an interview study. Furthermore, we performed a case study on sulfonamide antibiotics (SUAs) to promote BbD and contribute to the design of SUAs that mineralise in the environment. SUAs were selected as environmental impacts are known and there are numerous representatives offering a range of redesign options. In the first part of this thesis, we analysed and compared the BbD concept and the common pharmaceutical R&D. The focus here was particularly on i) examples of pharmaceuticals that are better biodegradable than parent structures, ii) the comparison between biodegradability in the environment and pharmaceutically relevant properties, iii) features of the R&D process, and iv) available in vitro and in silico test strategies including design rules. The scientific discussion resulted in a BbD concept tailored to pharmaceutical R&D. We identified regulatory, financial and social incentives that could support industrial research of BbD, e.g. for developing suitable methods (Publication 1). Building on the concept developed in Publication 1, we conducted an interview study with R&D experts to gain further insights into drug discovery and development and the consideration of environmental aspects. The interviews showed that the flows and structures of the R&D process are very flexible and adaptable. Especially the multi-parameter optimisation is highly iterative and dynamic. Therefore, no process related barriers exist to consider novel parameters at an early stage, including those related to environmental occurrence and behaviour. However, there are other challenges to actually include environmental parameters, particularly regarding the current state of knowledge of such parameters and the availability of suitable in silico and in vitro high-throughput test method, e.g. for biodegradability in the environment. Therefore, there is a need for constructive collaboration between pharmaceutical companies, authorities and the scientific community, including the exchange between R&D experts and environmental scientists (Publication 2). In the case study on the applicability of BbD to SUAs, the current state of knowledge on transformation products (TPs) for SUAs was first discussed in a review. The focus was on data on the degradability and bioactivity of TPs, as these data on SUA-like structures are likely valuable for redesigning SUAs. However, data on the occurrence, physicochemical properties, degradation and (eco)toxicity were only available for a small proportion of the SUA-TPs described in the literature (4%, 4%, 31% and 35% of 607 structures, respectively). In addition, the data often originated from tests of mixtures with weaker significance for the individual substances. Nevertheless, initial indications of BbD were found, for example, on the antibacterial activity of para-modified SUA-TPs. In addition, the large number of proposed structures of TPs emphasises the importance of BbD. Fast and complete environmental mineralization, the aim of BbD, avoids the formation of persistent TP, which would otherwise contribute to complex mixtures of substances in the environment (Publication 3). Based on the review (P3), we conducted experimental studies. We generated transformation products of six different SUAs by photolysis (non-targeted design approach). We then analysed them as mixtures using the luminescent bacteria test (LBT) and manometric respiration tests (MRT, OECD 301F) for antibacterial efficacy and ready biodegradability, respectively. In the LBT, some mixtures caused bacterial luminescence inhibition due to the presence of certain SUA-TPs, e.g. isomers of the parent compounds. In the MRT, we did not identify any SUA derivative that could mineralise in the environment. The individually tested hydroxylated sulfanilamide derivatives also showed no improved biodegradability. Therefore, these in vitro studies did not lead to any SUA derivative that could be relevant for BbD. Nevertheless, we improved the understanding of SUA-TPs and the non-targeted BbD approach. Bioactive TP mixtures and elimination rates of SUA-TPs were determined and, thus, data gaps were filled. Strengths, weaknesses and potential further developments of the non-targeted BbD approach were identified (Publication 4). The conceptual studies (P1, P2) and the case study on SUAs (P3, P4) contribute significantly to the application of BbD. The conceptual studies demonstrated the procedural feasibility of BbD in pharmaceutical companies and identified various incentives for research and development on BbD and relevant steps for its implementation. These include an understanding BbD as a novel approach and collecting environmental biodegradation data as a prerequisite for the next step, developing suitable screening methods. The case study made a significant contribution to the understanding of a BbD approach and the development of environmentally degradable SUAs. Due to the identified challenges in interpreting results from mixture tests, future research could start with investigating alternatives to the non-targeted design approach. In future work on BbD, interdisciplinary cooperation between environmental scientists and experts in pharmacy or drug development will be fundamental. |
Sprache | Deutsch Englisch |
Schlagwörter | Biologische Abbaubarkeit; Abbau; Nachhaltigkeit; Arzneimittel; Pharmazeutikum; Sulfonamide; Transformationsprodukt; Benign by Design |
Datum der Disputation | 2024-09-25 |
Jahr der Veröffentlichung in PubData | 2024 |
Art der Veröffentlichung | Erstveröffentlichung |
Datum der Erstveröffentlichung | 2024-10-23 |
Entstehungskontext | Forschung |
Grad-verleihende Institution | Leuphana Universität Lüneburg |
Veröffentlicht durch | Medien- und Informationszentrum, Leuphana Universität Lüneburg |
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